nur ein weiteres Tagebuch

Monat: Juli 2022

20. Juli 22 – Wiesbaden Rückfahrt

Nach einer unspektakulären Hinfahrt mit funktionierender Klimaanlage und nur sechs Minuten Gesamtverspätung trotz „Gleis nicht frei.“ warf der Beginn der Rückfahrt schon wieder dunkle Schatten voraus.

Wieder einmal entfällt der Halt in Wiesbaden und das Züglein beginnt seine Reise in Frankfurt. Zum Glück sind Wiesbaden und Frankfurt näher beieinander als Leipzig und Dresden, so dass man Frankfurt, bei rechtzeitiger Information auch mit der S-Bahn erreichen kann.

Mal wieder Frankfurt.

Es ist ein brütend heißer Tag mit Temperaturen von 34°C als die geplante S-Bahn nicht auf dem Bahnsteig zur Abfahrtszeit erscheint. Sie erscheint eine halbe Stund lang nicht, und als sie dann einfährt, füllt sich mit gut der doppelten Anzahl der Gäste die sonst so mitfahren.

Das Innere gleicht einem Backofen mit Beschwadungsfunktion. Ich schlage mich einfach in das Erste-Klasse-Abteil durch, denn durch diesen Zug wird niemals ein Schaffner durchkommen.

Die halbe Stunde Verspätung ficht mich allerdings nicht weiter an, denn ich hatte schon diverse Engpässe einkalkuliert und konnte so, ganz entspannt, in Frankfurt meinen Bahnsteig in Besitz nehmen.

Es ist inzwischen 16:56 Uhr, aber auf meiner Bahnsteiganzeige steht noch ein Zug mit Abfahrtszeit 14:36 Uhr (Köln oder so?).

Naja, wird schon, mein Zug fährt ja erst um 17:18 Uhr. Ich höre im Hintergrund Durchsagen, dass in Richtung Frankfurt Flughafen keine Züge mehr gehen, weil in diese Richtung der Bahndamm in Flammen steht.

Das hat natürlich zur Folge, dass viele Züge den Bahnhof nicht verlassen und die Bahnsteige blockieren. Was wird das nun wieder werden?

Mein Zug soll auf einem anderen Gleis abfahren. Gut! Am Bahnsteig angekommen rollt tatsächlich ein ICE ein. An seiner Seite steht „ICE 77777, zur Reinigung. Nicht einsteigen.“. Kann man ja auch gar nicht, die Türen gehen nicht auf. Ein Liefertrolley für das Bordrestaurant rollt am Bahnsteig auf und ab und versucht zu liefern. Erfolglos, auch für ihn bleiben die Türen um 17:25 Uhr verschlossen.

Die Bahnsteig durchsage hilft mir beim Durchhalten, denn es wird von 10 Minuten Verspätung gesprochen, dass wäre dann ja 17:28 Uhr. Ich verweise hier nochmal kurz auf die Temperaturen und die Menschenmassen auf den Bahnsteigen, um die verstreichenden Minuten wirklich ausreichend zu dramatisieren.

Dann 17:34 Uhr die Erlösung. Der Zug fällt aus! Auf Grund „vorheriger Verspätung“ steht leider keine Zugbesatzung zur Verfügung. Vermutlich schafft sie es nicht, den Bahnhof zu erreichen. Diese kleine Unpässlichkteit verschafft mir die Zeit, mich in der DB-Lounge kurz zu erfrischen und auf meine Nachfolgeverbindung zu warten. Ehrlich, die Lounge ist ein Quell der Ruhe im totalen Chaos, der Abkühlung im Inferno und der Entschleunigung.

Ein Gläschen kalter Tee, eine Handvoll Nüsse und ein Apfel im einstellig gekühlten Bereich, bringen mein Blut zur Ruhe.

Nächster Anlauf. Inzwischen wäre ich bei korrekter Fahrplanabarbeitung der Bahn bereits in Leipzig, starte ich um 18:34 Uhr in Frankfurt. Da ich in Leipzig ohnehin gut sechzig Minuten warten muss, stören mich die zwanzig Minuten Verspätung beim Start in Frankfurt nicht.

Dann kommt die große Gewissensfrage. Nehme ich in Leipzig den Regionalexpress oder den ICE nach Dresden. Der RE fährt zehn Minuten eher, kommt aber auf Grund der vielen Haltestellen gut zwanzig Minuten nach dem ICE an. Ich telefoniere mit meiner Frau, die die gesamte Zeit über jeden meiner Fehlschläge informiert war und sie gibt mit den Rat, den Spatz in der Hand nicht unbeachtet fortfliegen zu lassen.

Ich besteige den RE und rolle Richtung Dresden. Rein aus Interesse schaue ich immer mal wieder was der ICE macht. Als ich sehe, dass er in Leipzig bei der Ankunft schon dreißig Minuten Verspätung hat, dämmere ich noch für ein paar Minuten glücklich vor mich hin…

12. Juli 22 – Offenburg Rückfahrt

Wenn die Hinfahrt schon so ein Erfolg war, kann die Rückfahrt tatsächlich nicht daran anknüpfen.

Es ging Dienstags zurück nach Dresden. Die Abfahrt war pünktlich aber die Fahrt durch die Rheinebene ist zu schön, als dass man die Zeit nicht auch mit Sightseeing rumbringen könnte. Dieses Entschluss hatte der Lokführer oder einer seiner vorausfahrenden Kollegen auch gefasst und so kam, was kommen musste: „Ihr Anschluss wird nicht erreicht.“, und das noch entgegenkommendere „Ihr Anschluss wartet nicht.“. Ich finde es mittlerweile gut, dass in der App auf Entschuldigungen verzichtet wird. Die wichtigen Informationen würden dazwischen untergehen und außerdem hätten die Zugebgleiter dann nicht mehr die ungeteilte Aufmerksam- und Heiterkeit der Fahrgäste für sich allein.

In Frankfurt steht mein Anschlusszug aber komischerweise noch auf dem Gleis. Ah, eine Zugteil muss angehängt werden und deshalb hat der Zug Verspätung. Das ist wohl Glück im Unglück. Ich kann sogar meinen reservierten Sitzplatz in Anspruch nehmen.

Übrigens steht zur Erheiterung der Zuggäste, die ab Fulda oder später zusteigen, die Information im Telefon, dass der Zug abweichend nur mit einem Zugteil fährt und Wagen sowie Plätze fehlen. Nein, das ist nur Unfähig- keine Boshaftigkeit.

Ich hoffe niemand hat wegen dieser Fehlinformation einen anderen Zug genommen. Wir verlieren jedenfalls unterwegs keinen Zugteil und haben, trotz einer „Weichenstörung“, in Leipzig nur eine Verspätung von einundzwanzig Minuten. Zu wenig für einen Antrag auf teilweise Erstattung. Ich war nämlich auf Grund der Hinreise im Rabattfieber. Bei einer Stunde gibt es 25%, ab zwei Stunden 50% vom Reisepreis zurück. Da kann man richtig sparen…

Dresden erreichte ich dann mit nochmal sechs Minuten plus.

Aber es war auch hier noch ein angenehmer lauer Sommerabend, den man noch ein paar Stunden genießen konnte.

10. Juli 22 – Offenburg Hinfahrt

Ein ganz besonderes Erlebnis war dieser Ausflug nach Offenburg. Geplant war ein zweitägiger Aufenthalt. Montag sollte es schon zeitig losgehen, so dass der Entschluss für eine Sonntagsbahnfahrt schon feststand. Sonntag ist ja ein guter Reisetag, weil da nicht so viel Lastkraftwagen unterwegs sind, oder so.

Es sollte 12:19 Uhr losgehen. Reisetasche stand gepackt im Flur und die Straßenbahn schon aus der Endhaltestelle ausgefahren.

Wie immer kurzer Blick auf das Telefon. Kurze Schockstarre: „Ihre Haltestelle wird nicht bedient.“ Wie das? Ich bitte meine Frau mich zum Hauptbahnhof zu fahren, das sollte noch passen. Auf dem Weg zum Auto, kurzer Check wann der Zug dort abfährt: „Die Haltestelle wird nicht bedient.“. Ach herrje, jetzt ist guter Rat teuer. Weiterer Check: „Dieser Zug fährt erst ab Leipzig Hbf, wegen einer Reparatur am Zug.“

Ich rekapituliere kurz, was ich inzwischen bei und über die Bahn gelernt habe. Dieser Zug kommt aus Wiesbaden und fährt nach Dresden. Dort hat er einen längeren Aufenthalt und fährt wieder zurück nach Wiesbaden. Dieses Spiel wiederholt sich noch ein paar Mal mit, ich glaube insgesamt zwei Zügen und wechselnden Besatzungen.

Ergo ist dieser Zug schon vor Stunden in Leipzig stehen geblieben. Keinesfalls konnte die Information, dass Dresden und Riesa gar nicht bedient werden, erst so kurz vor Abfahrt bekannt sein, denn die Fahrgäste in Richtung Dresden mussten ja in Leipzig auch informiert werden, dass sie einen anderen Zug benötigen.

Hätte mich die Information zu diesem Zeitpunkt erreicht, wäre es mir ein leichtes gewesen mit einem Regionalexpress nach Leipzig zu fahren.

Mich interessiert wirklich brenndend, was in den Köpfen der Verantwortlichen so vor sich geht.

Auf unseren Baustellen fragen wird bei besonders „originellen“ Lösungen die Errichter imm er gern: „Hätten Sie sich das zu Hause auch so eingebaut?“. Diese Frage würde ich, in ähnlicher Form, gern auch einem Bahnverantwortlichen stellen.

Ich sitze also wieder in der Wohnung und gucke mal was als nächstes so möglich ist.

Die nächste sinnvolle Verbindung startet um 15:19 Uhr. Ankunft natürlich erst um 21:36 Uhr und nicht wie geplant drei Stunden früher. Es wird also kein gemütlicher Abend im Biergarten bei Temperaturen um die 25°C, sondern eine Spätankunft mit Imbiss aus der Bahnhofshalle.

Die Reise verlief recht ereignislos, bis auf die Tatsache, dass sich noch eine Stunde Verspätung aufsummierte.

Der Offenburger Bahnhof ist eine Schande für die gesamte Ortenau-Region und nicht wert, sich länger als diesen Satz mit ihm zu beschäftigen.

Vielleicht schreibe ich ja, wenn das Fahrverhalten der Bahn keine Themen mehr liefert, Erlebnisberichte über die Bahnhöfe…

Der Bahnhof ist bei Ankunft quasi schon geschlossen, keine Chance auf Nahrung oder Getränke. Bleibt die Hoffnung auf das Hotel. Selbiges befindet sich in kurzer fußläufiger Entfernung und nach wenigen Schritten ist es schon gut zu sehen.

Doch was ist das? Eine Schlange von Menschen an der Rezeption. Ok, das ist eigentlich kein Thema für ein Bahnreise-Blog, aber in der Schlage stehend wird klar. Die Menschen vor mir sind Gestrandete der Deutschen Bahn, die jetzt ein Hotelzimmer brauchen, weil sie aus Offenburg nicht mehr weiterreisen können.

Eine Dreiviertelstunde später bin ich auf meinem Zimmer. Ich bin längst zu müde um mir Gedanken über Essen und Trinken zu machen. Ich verschiebe das alles auf morgen und komme kurz vor Mitternacht zur Ruhe. So endet ein Tag der voller Zuversicht begann, und den ich mit einem Stadtbummel beenden wollte. Danke liebe Deutsche Bahn.