Nach einer unspektakulären Hinfahrt mit funktionierender Klimaanlage und nur sechs Minuten Gesamtverspätung trotz „Gleis nicht frei.“ warf der Beginn der Rückfahrt schon wieder dunkle Schatten voraus.
Wieder einmal entfällt der Halt in Wiesbaden und das Züglein beginnt seine Reise in Frankfurt. Zum Glück sind Wiesbaden und Frankfurt näher beieinander als Leipzig und Dresden, so dass man Frankfurt, bei rechtzeitiger Information auch mit der S-Bahn erreichen kann.

Es ist ein brütend heißer Tag mit Temperaturen von 34°C als die geplante S-Bahn nicht auf dem Bahnsteig zur Abfahrtszeit erscheint. Sie erscheint eine halbe Stund lang nicht, und als sie dann einfährt, füllt sich mit gut der doppelten Anzahl der Gäste die sonst so mitfahren.
Das Innere gleicht einem Backofen mit Beschwadungsfunktion. Ich schlage mich einfach in das Erste-Klasse-Abteil durch, denn durch diesen Zug wird niemals ein Schaffner durchkommen.
Die halbe Stunde Verspätung ficht mich allerdings nicht weiter an, denn ich hatte schon diverse Engpässe einkalkuliert und konnte so, ganz entspannt, in Frankfurt meinen Bahnsteig in Besitz nehmen.
Es ist inzwischen 16:56 Uhr, aber auf meiner Bahnsteiganzeige steht noch ein Zug mit Abfahrtszeit 14:36 Uhr (Köln oder so?).
Naja, wird schon, mein Zug fährt ja erst um 17:18 Uhr. Ich höre im Hintergrund Durchsagen, dass in Richtung Frankfurt Flughafen keine Züge mehr gehen, weil in diese Richtung der Bahndamm in Flammen steht.
Das hat natürlich zur Folge, dass viele Züge den Bahnhof nicht verlassen und die Bahnsteige blockieren. Was wird das nun wieder werden?
Mein Zug soll auf einem anderen Gleis abfahren. Gut! Am Bahnsteig angekommen rollt tatsächlich ein ICE ein. An seiner Seite steht „ICE 77777, zur Reinigung. Nicht einsteigen.“. Kann man ja auch gar nicht, die Türen gehen nicht auf. Ein Liefertrolley für das Bordrestaurant rollt am Bahnsteig auf und ab und versucht zu liefern. Erfolglos, auch für ihn bleiben die Türen um 17:25 Uhr verschlossen.
Die Bahnsteig durchsage hilft mir beim Durchhalten, denn es wird von 10 Minuten Verspätung gesprochen, dass wäre dann ja 17:28 Uhr. Ich verweise hier nochmal kurz auf die Temperaturen und die Menschenmassen auf den Bahnsteigen, um die verstreichenden Minuten wirklich ausreichend zu dramatisieren.
Dann 17:34 Uhr die Erlösung. Der Zug fällt aus! Auf Grund „vorheriger Verspätung“ steht leider keine Zugbesatzung zur Verfügung. Vermutlich schafft sie es nicht, den Bahnhof zu erreichen. Diese kleine Unpässlichkteit verschafft mir die Zeit, mich in der DB-Lounge kurz zu erfrischen und auf meine Nachfolgeverbindung zu warten. Ehrlich, die Lounge ist ein Quell der Ruhe im totalen Chaos, der Abkühlung im Inferno und der Entschleunigung.
Ein Gläschen kalter Tee, eine Handvoll Nüsse und ein Apfel im einstellig gekühlten Bereich, bringen mein Blut zur Ruhe.
Nächster Anlauf. Inzwischen wäre ich bei korrekter Fahrplanabarbeitung der Bahn bereits in Leipzig, starte ich um 18:34 Uhr in Frankfurt. Da ich in Leipzig ohnehin gut sechzig Minuten warten muss, stören mich die zwanzig Minuten Verspätung beim Start in Frankfurt nicht.
Dann kommt die große Gewissensfrage. Nehme ich in Leipzig den Regionalexpress oder den ICE nach Dresden. Der RE fährt zehn Minuten eher, kommt aber auf Grund der vielen Haltestellen gut zwanzig Minuten nach dem ICE an. Ich telefoniere mit meiner Frau, die die gesamte Zeit über jeden meiner Fehlschläge informiert war und sie gibt mit den Rat, den Spatz in der Hand nicht unbeachtet fortfliegen zu lassen.
Ich besteige den RE und rolle Richtung Dresden. Rein aus Interesse schaue ich immer mal wieder was der ICE macht. Als ich sehe, dass er in Leipzig bei der Ankunft schon dreißig Minuten Verspätung hat, dämmere ich noch für ein paar Minuten glücklich vor mich hin…