Die Hinfahrt war diesmal eine Zwei-Stationen-Fahrt, die ich in nächster Zeit häufiger mal ausprobieren werde.
Ich habe einen Termin in Zwickau und von dort aus werde ich direkt nach Wiesbaden auf meine Lieblingsbaustelle weiterfahren.
Das klappt im Wesentlichen sehr gut, allerdings mit dem Nachteil, dass ich bis Leipzig nur in Regionalzügen und erweiterten S-Bahnen sitze, für die es naturgemäß keine Reservierungsmöglichkeit gibt. Da ich fast immer vom Startbahnhof aus fahre, geht das mit dem Sitzplatz. Aber der Ausstieg? Zwickau ist kein Problem. Es war ein so zeitiger Zug, dass zwar Touristen an Bord waren, aber viele nur nach Chemnitz wollten.
Aber einige Stunden später in Leipzig war das in der Tat ein Problem. Es passten an den Stationen nicht mehr alle in den Zug und am Einstieg bildeten sich exorbitante Knäuel. Das rief das Sicherheitspersonal auf den Plan, das den Ein- und Ausstieg professionell managte. Ich begann trotzdem schon an der vorletzten Station mit dem Kampf in Richtung Tür.
Der Ausstieg glückte und der Zug nach Wiesbaden konnte, rennenderweise, noch erreicht werden.
Die Rückfahrt ist bei solchen Gelegenheiten ja gern mal ein Showstopper, wenn hinzu alles einigermaßen funktioniert hat.
Im Baubüro ereilt mich die Nachricht, dass mein Zug mal wieder erst ab Frankfurt verkehrt. Warum auch nicht, ich kenne das ja inzwischen.
Also packe ich meinen Krempel und bewege mich zur Bushalte. Die letzten Meter muss ich rennen, um den Bus noch zu bekommen. Der braucht ein paar Minuten länger um zum Bahnhof zu kommen, so dass auch dort ein Sprint durch den Fußgängertunnel nötig ist, um die S-Bahn zu erreichen.
Da steht man erst mal ordentlich im Saft.
Erwähnte ich schon, dass S-Bahnen aktuell recht voll sind? Diese ist es jedenfalls. In Frankfurt-Hoechst bleiben wir stehen. Der Zugführer teilt uns mit, dass hier drei Züge vor ihm stünden, die alle auch nach Frankfurt Hbf wollen. Zwei Minuten später der Hinweis, dass er keine Kenntniss über die Verspätung habe, da sich Personen unbefugterweise auf dem Gleiskörper aufhielten, deren Verbleib zeitlich nicht genau zu beziffern sei.
Dann empfiehlt er uns, die gegenüber auf dem Gleis stehende S-Bahn zu nutzen, da diese garantiert vor ihm fahren würde und damit den Hauptbahnhof einige Minuten eher erreicht. Wir kennen das Spatzenprinzip und ein, zwei Minuten retten manchmal Anschlüsse und manchmal sogar Leben.
Der neue Zugführer weiß auch nichts, woher auch? Die Situation scheint doch ziemlich unübersichtlich.
Doch dann rollen wir los und kommen in Frankfurt (tief) an.
Die Wartezeit habe ich genutzt um einen Lageplan des Bahnhofs zu studieren, damit ich losrennen kann, ohne die Orientierung zu verlieren. Das ist ja manchmal gar nicht so schwer in deutschen Bahnhöfen.
Ich sprinte, unter Zuhilfenahme einiger Rolltreppen, in den oberen Teil des Bahnhofs… Bahnsteigwechsel! Und diesmal in die richtige Richtung. Von der letzten Rolltreppe sind es nur wenige Gleise bis zu meinem Zug.
Schweratmend finde ich meinen Platz.
Verspätet fahren wir in Frankfurt ab. Wir wissen ja, das Personen auf dem Gleiskörper sind.

Der Regionalexpress der in Leipzig meine Weiterfahrt absichert, wird schon wieder eine Hoffnung, obwohl ich doch so dringend einmal Gewissheit bräuchte. Die App ist sich nicht sicher, wird erreicht, wird nicht erreicht, wird…, wird nicht…
Bei der Einfahrt in den Leipziger Bahnhof teilt uns die Stimme des höflichen Zugbegleiters mit, dass der RE nicht mehr erreicht werden kann.
Ich sehe ihn aber durch das Türfenster und in der App steht, dass er später abfährt.
Unglücklicherweise ist mein Abteil das letzte am Zug und ich muss etwa einen Kilometer Bahnsteig plus dreihundert Meter zum ersten Türchen des RE rennen.
Ich mache mich zum vermeintlich letzten Sprint des Tages auf und erreiche die erste Tür, kein Reinkommen. Zweite Tür, gleiches Spiel. Dritte Tür, ich werfe mich einfach in den Zug und schwimme in Richtung Oberdeck. Dort gibt es eine erste Klasse mit noch einem freien Sitz; meinem Sitz!
Der Schaffner schafft es im Leben nicht durch den Zug, ha.
Es ist, wie man am Datum erkennen kann, einer der letzten 9-Euro-Züge in Deutschland und er sprengt alle Dimensionen an Gefülltheit. Selbst Stehplätze sind doppelt belegt.
Dann wird bekannt gegeben, dass alle Stationen zwischen Riesa und Dresden Neustadt entfallen. Ich weiß den Grund nicht mehr, irgendwas mit Bauarbeiten.
In Dresden haben wir ein paar Minuten Verspätung, nichts Ernstes. Ich realisiere, dass meine Straßenbahn aktuell ja gar nicht vor dem Bahnhof hält. Der Grund ist irgendwas mit Bauarbeiten.
Also „per pedes“ zur nächsten Tram-Station. Beim Blick zur Uhr, sehe ich, dass ich die Bahn nicht bekommen werde, wenn ich die Geschwindigkeit nicht erhöhe. Jetzt, aber wirklich zum letzten Mal an diesem Tag, nehme ich den Kampf mit der Straße auf und renne zur Haltestelle. Mein Erfolg die Bahn bekommen zu haben, badet sich im Schweiß. Worin auch sonst?
Ich habe seit meiner Abreise in Wiesbaden keinen Meter in gehender Geschwindigkeit zurückgelegt. Meine Fitness klatscht in die Hände und ich beende eine mal wieder hindernissreiche Reise mit der Deutschen Bahn.
